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03.07.2024

Birkopedia

In dieser regelmäßigen Kolumne wollen wir in jeder Ausgabe von footprint über interessante Rohstoffe berichten, die wir für die Herstellung unserer Produkte nutzen. Die Patenschaft für diese Kolumne hat Lutz Glahn übernommen, der als Vice President Global Sourcing über die Beschaffung unserer Rohstoffe wacht.

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Kork: ein Rohstoff voller Wunder

Den Anfang dieser Serie Birkopedia macht, wie könnte es anders sein, der für uns volumenmäßig bedeutsamste natürliche Rohstoff: Kork. Etwa 2.000 Tonnen davon verarbeiten wir in einem Jahr. Der Kork wird uns in Säcken zu je 20 Kilogramm verpackt. Würde man den kompletten Jahresbedarf in einer einzigen Lkw-Kolonne anliefern, hätte diese eine rechnerische Länge von etwa 320 LKWs. Ein Großteil des Korkgranulats (siehe Cover) ist ein Nebenprodukt, das bei der Weinkorkenherstellung anfällt. Auch die Rinde, die für die Herstellung von Weinkorken nicht geeignet ist, weil sie zu dünn ist oder zu viele Löcher hat, wird zu Granulat verarbeitet. Die bei der Herstellung der Weinkorken ausgestanzten Gitter werden in einer Mühle zermahlen, in zwei unterschiedlichen Stärken mit Naturlatexmilch vermischt und zu unseren Fußbetten verbacken. Kork ist ein natürlicher, erneuerungsfähiger und wiederverwertbarer Rohstoff mit einzigartigen und unvergleichlichen Eigenschaften. Kein Mensch hat es je geschafft, diese zu kopieren oder zu verbessern.

Rein stofflich betrachtet ist Kork die nachwachsende Rinde der Korkeiche (lat. Quercus suber), die zur Gattung der Eichengewächse gehört. Die Korkeiche wächst langsam und kann über 200 Jahre alt werden. Die älteste Korkeiche der Welt – auch bekannt als »Whistler Tree« – ist 236 Jahre alt und steht in Portugal. Die Rinde der Korkeiche wird erstmals nach etwa 25 Jahren geerntet – von Hand, ohne dass der Baum dabei beschädigt wird. Von da an wird die Rinde je nach Witterungsbedingungen und Region alle neun Jahre geerntet. Wirklich gut ist die Qualität aber erst nach der dritten Ernte, also nach 43 Jahren. Die Korkeiche ist der einzige Baum der Erde, dessen Rinde geschält werden kann, ohne dass der Stamm Schaden nimmt. Die Ernte erfordert aber großes Geschick und viel Übung. Sie findet zwischen Mai und August statt. Die Arbeit ist hart, aber es ist die bestbezahlte landwirtschaftliche Tätigkeit. Pro Tag verdienen die Schäler zwischen 100 und 150 Euro. Trotzdem finden die Waldbesitzer immer weniger Menschen, die als Wanderarbeiter von Wald zu Wald ziehen wollen.

Kork ist ein nachwachsender Rohstoff wie er im Buche steht – ein Naturrohstoff, der bereits seit Jahrtausenden von Menschen genutzt und wegen seiner wundersamen Eigenschaften sehr geschätzt wird. Natürlicherweise kommt die Korkeiche im Mittelmeerraum vor; Portugal ist der mit Abstand größte Exporteur von Kork. Das Geheimnis der wundersamen Eigenschaften von Kork liegt in seiner Zellstruktur. Die Korkrinde besteht aus einer Wabenstruktur mit kleinen Zellen – 40 Millionen Zellen pro Kubikmeter. Diese Rinde ist es auch, die den Baum vor den heißen Temperaturen des Sommers schützt – und vor Kälte. Ihrer widerstandsfähigen Rinde verdankt die Korkeiche, dass sie vor 25 Millionen Jahren die Eiszeit im Mittelmeerraum unbeschadet überstanden hat. Jede Zelle fungiert dabei als kleiner, natürlicher thermischer Isolator und bietet darüber hinaus schall- und stoßdämpfende Eigenschaften. Das erklärt, weshalb Kork für den Einsatz in Bodenbelägen verwendet wird. Korkböden eignen sich als natürlicher Schallschutz, und dank ihrer Dämmungseigenschaften sorgen sie für ein gutes Raumklima. Zudem dämpfen die elastischen Zellstrukturen die Schritte beim Auftreten auf den Untergrund und schonen dadurch die Gelenke – ein Effekt, den wir von unseren Fußbetten kennen. Der wesentliche Bestandteil der Zellwände besteht aus einer chemischen Substanz mit dem Namen »Suberin«, die dem Kork seine Elastizität verleiht. Korkeichenwälder leisten darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zur Bindung von Kohlendioxid. Mit einer Fläche von rund 2,3 Millionen Hektar in Portugal, Spanien, Algerien, Marokko, Tunesien und Frankreich binden die mediterranen Korkeichenwälder im Jahr rund 14 Millionen Tonnen CO₂. Allein die Korkeichen Portugals binden nach Berechnungen von Experten fast fünf Prozent der CO₂-Emissionen des Landes. Eine Korkeiche, deren Rinde regelmäßig geerntet wird, bindet sogar mehr als dreimal so viel CO₂ wie eine ungenutzte Korkeiche.

Korkeichen bieten zudem Schutz vor Bodenerosion und helfen so, den Boden zu bewahren. Sie tragen zu einer verbesserten Aufnahme des Regenwassers in den Boden bei und sorgen dafür, dass die Grundwasserspeicher aufgefüllt werden. Auf diese Weise bietet die Korkeiche einen natürlichen Schutz vor Wüstenbildung, vor allem in den Ländern Nordafrikas. Dank der Feuerfestigkeit des Korks bilden Korkeichen außerdem einen natürlichen Schutzwall gegen Waldbrände. Korkeichenwälder sind Rückzugsgebiete einiger bedrohter Tierarten wie des Iberischen Luchses, des Spanischen Kaiseradlers oder des Mönchsgeiers.

Dieser Rohstoff ist so vielseitig, dass Kork neuerdings sogar in den unendlichen Weiten des Weltraums eingesetzt wird – verbaut etwa in Wärmeschutzschilden der Marssonde. Ganz bodenständig, macht sich der Großteil des Korks aber nach wie vor hier unten auf der Erde nützlich – und verbindet die Menschen via Fußbett mit unserem Planeten.

 

 

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