Anfang Februar 2017 präsentierte sich BIRKENSTOCK erstmals auf der ISPO, der internationalen Leitmesse rund um das Sport-Business. Dabei erläuterte Oliver Reichert, CEO der BIRKENSTOCK Group, im Gespräch mit dem Branchenmedium SportFachhandel, wie sich das Unternehmen rund um das Thema Sport positionieren will.

BIRKENSTOCK als ISPO-Newcomer, was reizt Sie auf dieser Messe? Was lockt Sie in die Sportartikelbranche?

Als Erfinder des Fußbetts haben wir ein besonders enges Verhältnis zum Wohlbefinden des Menschen. Sport, Well-being und Healthy Living sind Themen, die sehr nahe am Kern unserer Marke sind. Die erste BIRKENSTOCK Sandale, das Modell „Madrid“, kam Anfang der 1960er Jahre unter dem Namen „Gymnastiksandale“ auf den Markt. Das sagt viel über Herkunft und Selbstverständnis unserer Marke aus. Außerdem wachsen Sport, Fashion und Lifestyle immer stärker zusammen, wie man ja auf der ISPO sehen kann. Da darf BIRKENSTOCK als globale Fashion- und Lifestyle-Brand mit funktionalen Wurzeln natürlich nicht fehlen. An der Sportartikelbranche gefällt uns, dass der Fachhandel gewohnt ist, Funktion zu verkaufen. Außerdem ist der Sportfachhandel sehr innovativ, was die Entwicklung neuer Retailkonzepte betrifft. Das interessiert uns, weil wir als Marke noch näher an unsere Kunden heranrücken wollen.

Sie wollen die Themenfelder „Before und After Sports“ besetzen. Was bedeutet das? Was muss sich der Händler darunter vorstellen?

Sie werden von BIRKENSTOCK so schnell keinen Performanceschuh sehen. Aber für die Vorbereitungs- und Erholungsphase haben wir definitiv heute schon die passenden Produkte. Wer viel und intensiv Sport treibt, sollte seinen Füßen zwischendurch eine Auszeit gönnen. Nichts eignet sich dafür besser als unser anatomisch geformtes Fußbett. Viele Sportler nutzen unsere Fußbetteinlagen, um Füße und Gelenke beim Sport zu entlasten. Mit unserer EVA-Kollektion bieten wir Artikel an, die im Schwimmbad oder in der Regenerationsphase in der Sauna getragen werden können. Das alles sind Produkte, die gut zum Sportfachhandel passen.

Welche Produkte sind auf der Ispo zu sehen?

Wir zeigen Ausschnitte aus dem gesamten BIRKENSTOCK Produktuniversum. Ein wichtiger Schwerpunkt ist unsere EVA-Kollektion. Das sind Reproduktionen unserer Top-Seller aus besonders leichtem und elastischem EVA-Kunststoff – coole, lifestylige Produkte made in Germany, wie gemacht für den Wellness- und Outdoor-Bereiche. Daneben präsentieren wir Highlights aus unserer HW17/18-Kollektion. Darunter sind modische Makeover unserer Sandalen-Klassiker, aber auch trendige geschlossene Schuhe für alle, die sich draußen gerne und viel bewegen. Dazu kommen Sandalen und Freizeitschuhe für Kinder. Außerdem zeigen wir auf unserem Stand unsere erste Taschenkollektion, die wir vor kurzem auf den Markt gebracht haben sowie Highlight-Produkte aus unserer neuen Legwear-Kollektion. Ich bin sicher, dass unser Messeauftritt viele Besucher überraschen und das antiquierte Marken­bild, das der eine oder andere noch in seinem Kopf mit sich herumträgt, korrigieren wird.

Sehen Sie darin freies Feld oder sehen Sie Wettbewerber? Wen?

Ich will die Frage so beantworten: Wir erleben im vierten Jahr in Folge einen gewaltigen Kundenansturm und kommen kaum mit der Produktion hinterher. Das sagt viel über die Zugkraft der Marke BIRKENSTOCK aus. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass wir im Moment starken Rückenwind aus der Modewelt bekommen, sondern auch damit, dass wir unseren Kunden zugehört und unsere Kollektion inhaltlich weiterentwickelt haben. Das gilt für unsere Schuhe genauso wie für die neuen Kategorien, also Legwear, Taschen, Schlafsysteme oder Naturkosmetik. Wir bieten gute und qualitativ hochwertige Produkte, die alle um das Thema Wohlbefinden kreisen und offenbar den Nerv der Kunden treffen. Das gilt ganz besonders für Menschen, die viel Sport treiben und sich gerne draußen bewegen.

Wie können und wollen Sie den Sportfachhandel unterstützen, für sich gewinnen?

Der Fachhandel lebt von starken Marken. Bei uns weiß der Kunde, was er bekommt – ein gutes Produkt, hergestellt aus besten Rohstoffen aus nachhaltigen Ressourcen. Wer unser Produkt einmal gekauft hat, kommt erfahrungsgemäß immer wieder. Die meisten bringen neue Kunden mit – Freunde, Bekannte, Nachbarn. Die Weiterempfehlung durch zufriedene Kunden hat unsere Marke groß gemacht. Natürlich unterstützen wir den Fachhandel beim Abverkauf etwa mit Shop-in-Shop-Lösungen oder Warenpräsentern. Mit großen Partnern setzen wir auch Sonderaktionen oder größere Instore- oder Schaufensterpräsentation um.

Welche Rolle spielt der (Schuh-)Fachhandel in der Vertriebsstrategie von BIRKENSTOCK?

Der Fachhandel mit seiner Beratungs- und Markenkompetenz spielt für uns als Funktionsmarke eine Schlüsselrolle. Aber natürlich tragen wir auch den Veränderungen in der Vertriebslandschaft Rechnung. Wir arbeiten deshalb mit Hochdruck daran, uns in Zukunft noch besser auf die spezifischen Anforderungen der einzelnen Vertriebs­wege einzustellen – etwa mit speziellen Schulungskonzepten oder der Entwicklung spezifischer Produkte. Dabei hilft uns, dass wir Zugriff auf unsere eigene Produktion haben. Was wenige wissen: Unsere Sandalen stellen wir in unseren eigenen Fabriken in Deutschland her. Damit das so bleibt, investieren wir sehr viel Geld in den Ausbau unserer Fertigung und in neue Technologien.

In wieweit sind Sie europaweit aufgestellt? Wie arbeiten Sie insbesondere im DACH-Raum?

BIRKENSTOCK ist eine demokratische Marke. Deshalb sind unsere Produkte überall dort zu finden, wo unsere Kunden sind. Mit anderen Worten: Wir nutzen alle Vertriebskanäle. In den meisten Ländern arbeiten wir mit Distributeuren zusammen. Deutschland und Öster­reich gehören zu den Märkten, die wir direkt bedienen. Die Betreuung des Fachhandels erfolgt über unseren Außendienst, der unsere Händler vor Ort besucht oder in den Order-Zentren berät. Daneben betreiben wir seit Mitte letzten Jahres einen eigenen Online-Shop, der in den wichtigsten europäischen Ländern verfügbar ist. Weil wir einen ungewöhnlich hohen Wholesale-Anteil haben, ist Online für uns ein wichtiger Kanal, um unsere Kollektion in ihrer ganzen Vielfalt zu zeigen und direktes Kundenfeedback einzusammeln.

BIRKENSTOCK hat zuletzt interessante neue eigene Läden vorgestellt, die auf junges trendiges Publikum zielen. Was versprechen Sie sich davon?

Die eigenen Retail-Stores sind für uns Leuchttürme, mit denen wir dem Fachhandel ein Beispiel für die Markendarstellung geben und dem Endkunden das ganze Bild der Marke und die ganze Kollektion präsentieren können. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir sind meilenweit von einer flächendeckenden Präsenz entfernt. Wir reden derzeit von 35 eigenen Stores. Sicher werden wir auch hier weiter wachsen, aber der Fokus unserer Retail-Expansion liegt ganz klar in Asien. In der DACH-Region ist und bleibt der Fachhandel für uns ein wichtiger Kanal. Viele Monobrand-Stores werden von Partnern betrieben. Speziell für den Sportfachhandel bieten sich unsere Shop-in-Shop-Lösungen an, die bei der Aufmachung auf das neue Store-Konzept Bezug nehmen. Die gibt es in unterschiedlichen Größen. Damit kann jeder Fachhändler die BIRKENSTOCK Welt in sein Ladenkonzept integrieren.

Wie geht es weiter, was sehen die Expansionspläne aus?

Um Wachstum machen wir uns keine Sorgen. Die Nachfrage nach unseren Produkten ist ungebrochen hoch und ein Ende ist nicht abzusehen. Wir werden das natürlich durch die Entwicklung neuer Produkte weiter begleiten. Wichtige Leitthemen sind für uns dabei EVA, die geschlossenen Schuhe und der Kinderbereich. Über dem Wachstum steht für uns aber die Qualität, das heißt es wird kein Wachstum um jeden Preis geben. Daneben stellen wir die Marke mit dem Einstieg in neue Geschäftsfelder inhaltlich breiter auf. Aber auch hier kennen wir genau unsere Möglichkeiten. Wir werden uns nicht verzetteln. Dabei hilft uns, dass BIRKENSTOCK als Unternehmen wirtschaftlich auf gesunden Füßen steht und wir deshalb alle Themen mit Bedacht und ohne ökonomischen Druck angehen können.