Newsticker
Schlagzeilen, Meldungen und alles Wichtige
Die Nachrichten heute: Newsticker, Schlagzeilen und alles, was heute wichtig ist, im Überblick.
Zum Newsticker
  1. Home
  2. Wirtschaft
  3. Birkenstock: Schuhhersteller verkauft jetzt auch Betten

Wirtschaft Schuhhersteller

In Birkenstocks kann man jetzt auch schlafen

Wirtschaftskorrespondent
In Birkenstocks kann man jetzt auch schlafen In Birkenstocks kann man jetzt auch schlafen
Die Birkenstock-Betten kosten zwischen 5000 und 10.000 Euro
Quelle: dpa
Der Schuhhersteller Birkenstock verkauft in Zukunft auch Betten. Das charakteristische Kork spielt dabei eine große Rolle. Und der Unternehmenschef hat schon weitere Produkte im Visier.
Mehr anzeigen

Betten für seine Kinder hat Oliver Reichert gesucht. „Ich dachte, ich gehe ins Geschäft, suche etwas Vernünftiges aus und gut ist“, erzählt der Geschäftsführer des Schuhherstellers Birkenstock von seinen Besuchen in verschiedenen Möbelhäusern. Allein es gab nichts Vernünftiges. Jedenfalls aus seiner Sicht. „Das war alles nicht gut, also habe ich mich in den Bettenmarkt eingearbeitet“, berichtet Reichert im Gespräch mit der „Welt“ weiter. Das Ergebnis: Birkenstock baut jetzt selbst Betten.

Insgesamt sechs Modelle umfasst die Kollektion, die das Traditionsunternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Neustadt/Wied am Fuße des Westerwalds dieser Tage auf der weltgrößten Möbelmesse IMM Cologne in Köln vorstellt. Sie heißen Sao Paulo, Montevideo oder Canberra und sind wahlweise als Boxspring-Bett oder in der klassischen Version mit Latten- oder Tellerrost erhältlich. Der für Birkenstock charakteristische Kork ist dabei zum Beispiel in den Stütztellern des Rostes verbaut, zudem findet er sich in Verbindung mit Naturlatex als Granulat in den Kaltschaum- und Taschenfederkernmatratzen. „Das ist kein Lizenzgeschäft, bei dem wir nur unser Logo auf ein Produkt pappen“, kommentiert Reichert.

Ein Bett, das freiwillig keiner baut

ARCHIV - Zwei Models sitzen am 11.01.2017 in Köln (Nordrhein-Westfalen) auf dem Bett «Canberra» des Herstellers Birkenstock. Die Möbelmesse findet vom 16. bis zum 22.01.2017 in Köln statt. Foto: Oliver Berg/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Das Modell «Canberra» wird auf der Möbelmesse IMM Cologne vorgestellt
Quelle: dpa

Rund zweieinhalb Jahre Forschungs- und Entwicklungszeit stecken in den Betten, meldet das Unternehmen. Das Ergonomie Institut München (EIM) etwa hat eigens wissenschaftliche Studien erstellt. Dazu komme das Know-how von Birkenstock und dem Fertigungspartner aus der Möbelindustrie, in diesem Fall dem österreichischen Familienunternehmen ADA. „Aus freien Stücken würde ein Möbelhersteller ein solches Bett niemals bauen – weil in der Branche nur an Zielgruppen, Verkaufszahlen und Herstellungskosten gedacht wird“, ist sich Reichert sicher.

Birkenstock gehe nun einen anderen Weg. „Wir haben uns allein auf das Produkt fokussiert und dementsprechend den Aufbau und die Materialien gewählt“, versichert Reichert. „Weil wir es besser machen wollen.“ Das sei vielleicht ein Stück weit Träumerei, gibt der Manager zu. „Aber die Betten sind jetzt da.“ Genauso wie das Interesse.

Sowohl der Fachhandel als auch die großen Möbelhäuser haben sich bereits auf der Messe bei Birkenstock vorgestellt. Und der Mittelständler, der beim Handel eine verschüttete Sehnsucht nach einer Marke mit Glaubwürdigkeit ausgemacht haben will, zeigt sich offen für alle Vertriebsformate – wenn bestimmte Konditionen eingehalten werden. Die im Möbelhandel exzessiv genutzten Streichpreise etwa sollen tabu sein.

Preis liegt zwischen 5000 und 10.000 Euro

Der Handel wird es verschmerzen. „Eine Traditionsmarke wie Birkenstock hat auch so genug Strahlkraft“, meinen Experten. Und auch den Schritt vom Schuh zum Schlafsystem halten sie für nachvollziehbar. „Vom Fußbett zum Bett ist der Weg nicht weit“, versichert auch Reichert. Es seien jedenfalls einige Erkenntnisse aus dem Stammgeschäft in die Entwicklung der 5000 bis 10.000 Euro teuren Betten eingebracht worden. So ist das Lattenrost zum Beispiel wellenförmig geschwungen, um gezielt Stützpunkte für die Körperschwerpunkte zu bieten, ähnlich wie bei der Trittfläche in den Birkenstock-Sandalen.

In Birkenstocks kann man jetzt auch schlafen
Bisher war Birkenstock vor allem für seine Schuhe bekannt
Quelle: Getty Images

Das Wissen aus mittlerweile 243 Jahren Firmengeschichte soll aber nicht nur für Betten genutzt werden. Noch in diesem Jahr werden bei Birkenstock zwei weitere Geschäftsfelder hinzukommen: zum einen Naturkosmetik und zum anderen Büromöbel. Denn auch da hatte Geschäftsführer Reichert seine Aha-Erlebnisse. „Wir bieten Lösungen in Märkten, die für andere nicht attraktiv genug erscheinen“, begründet der Unternehmer die Expansion in neue Bereiche. Zwar gebe es auch in diesen Bereichen viele gute Ideen. „Es mangelt aber oftmals an der Umsetzung und der Entschlossenheit.“ Die zeigt nun Birkenstock. „Wir sind ein Brandbeschleuniger für neue Ideen.“

Jedenfalls in Bereichen, die thematisch zum bekannten Schuh und dem dafür genutzten Material Kork passen. „Wir hatten auch schon Anfragen wegen einer Zusammenarbeit bei Kindersitzen. Aber was sollen wir einem Partner in diesem Bereich bieten?“, berichtet Geschäftsführer Reichert, für den ein zusätzliches funktionelles Versprechen gegeben sein muss. Eins plus eins müsse in solchen Fällen schließlich drei ergeben und nicht nur zwei.

Nach der Kosmetik kommen Büromöbel

Bei Naturkosmetik sieht er den Mehrwert. „Kork hat unglaubliche Eigenschaften“, versichert der Birkenstock-Chef. Auf der Branchenmesse Vivaness Mitte Februar in Nürnberg wird sein Unternehmen eine Naturkosmetiklinie vorstellen, unter anderem mit Duschgel für Männer sowie Cremes, Body Lotion und Ölen für Frauen. Produziert werden die Kosmetika von einem Partnerunternehmen in Deutschland, das Birkenstock nun übernehmen wird. In der zweiten Jahreshälfte ergänzen dann auch noch Büromöbel das Sortiment. Geplant sind Stühle und Schreibtische.

Warum Nostalgiker sich über die Trends 2017 freuen werden

400 Euro hat jeder Deutsche durchschnittlich im vergangenen Jahr für die Wohnungsgestaltung ausgegeben. Neue Inspiration gibt es auf der Möbelmesse in Köln. Reporterin Fanny Juschten zeigt uns, was 2017 angesagt ist.

Quelle: Die Welt/ Fanny Juschten

Anzeige

Aktuell ist Birkenstock dabei, den entsprechenden Produktionspartner auszuwählen. Bei der vorausgegangenen Forschung waren gleich mehreren Firmen aus der Branche an Bord. Danach soll dann aber vorerst Schluss sein mit der Erweiterung. „Schließlich decken wir dann alle menschlichen Tätigkeiten ab: laufen, sitzen und liegen“, sagt Reichert, der für die neuen Geschäftsfelder keine Zielzahlen vorgibt. Denn dann gehe es am Ende nicht mehr um das Produkt, sondern allein um das Erreichen von Zielen – und sei es über Deals zu nicht tragbaren Konditionen.

Birkenstock hat im Ausland anderes Image

Leisten kann sich Birkenstock diesen vorgabenfreien Ausflug in neue Produktwelten. Schließlich läuft das Stammgeschäft besser denn je. Weit über 20 Millionen Paar Schuhe und Sandalen hat der Mittelständler im vergangenen Jahr mit 3800 Mitarbeitern produziert und dabei gut 500 Millionen Euro Umsatz gemacht. Damit haben sich Geschäft und Belegschaft binnen drei Jahren mehr als verdoppelt.

Wichtigster Markt sind dabei die USA. Deutschland, wo die komplette Produktion stattfindet, gehört mit fast drei Millionen verkauften Schuh-Paaren aber ebenso zu den Top-Verfolgermärkten wie Großbritannien und Frankreich oder Japan und China. Gelungen ist zudem die Markteinführung in Korea, wo Birkenstock schon im ersten Jahr rund eine Million Paar Schuhe verkaufen konnte. „In Deutschland haben wir vielfach noch das Öko-Image, im Ausland ist das komplett anders“, begründet Reichert die internationalen Erfolge. Bei den jüngst vorgestellten Betten übernehmen die Rheinland-Pfälzer den internationalen Vertrieb daher selbst, im deutschsprachigen Raum dagegen ist Partner ADA zuständig.

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema